Worum geht es?
Von den Graswurzeln lernen richtet den Fokus auf engagierte, basisdemokratische Netzwerke, die zeigen, dass wirklich nachhaltige Veränderungen im Bereich der Ernährungssouveränität fast immer von Akteuren der Zivilgesellschaft – Vereinen, Netzwerken, unabhängigen NGOs, engagierten Einzelnen – angestoßen werden, während bürokratische Verordnungen und Regelungen oft schwerfällig hinterherhinken. Ein Bereich, der dies deutlich vor Augen führt, ist die Regulierung der Weitergabe von Samen, die von der industriellen Saatgut-Lobby vorangetrieben wird.
Das Recht, Saatgut von lokale Sorten weiterzugeben, ist in den USA, im globalen Süden, aber zunehmend auch in Europa in Gefahr. Während die neue Gentechnik immer mehr dereguliert wird, werden die Rechte von Bauern und Gärtnern, Samen von lokalen, klimaresistenten Sorten weiterzugeben, durch zu erwerbende Zertifikate und Patente immer mehr eingeschränkt. Doch der Reflex, wegen dieser Regulierungswut der EU rechte Parteien zu wählen, geht genau in die falsche Richtung. Denn gerade diese Parteien haben ein besonders offenes Ohr für die Einflüsterungen der Pestizid und GMO Saatgut-Lobby.
Während sich die machtvolle Lobby der Saatgut- und Pestizidkonzerne in Brüssel immer mehr Einfluss verschafft, ist schon längst eine dezentrale Alternativ-Lobby entstanden: ein Netzwerk aus NGOs, Samenbanken, alternativen Saatgutfirmen, die nach strengen biologischen Richtlinien und komplett ohne Gentechnik und Pestizide auskommen, und die ebenfalls versuchen, die europäische Saatgut-Politik zu beeinflussen. Es ist nur dem Engagement dieser zivilen Akteure und deren Vernetzung zu verdanken, dass in Europa der Einfluss der großen Konzerne um einige Jahrzehnte verzögert werden konnte. Aber wie wird es jetzt weitergehen?
Letztendlich sind einige Aktivisten [für Saatgut-Souveränität, in Indien wie auch in Südamerika] aufgrund der mühsamen und letztendlich gescheiterten Bemühungen, die Rechte der Landwirte durch internationale Verhandlungen und Abkommen zu sichern, der Überzeugung, dass der einzige wirksame Weg, die Sorten der Landwirte zu schützen, darin besteht, sich an der Basis dafür einzusetzen, dass das Saatgut in den Händen der Landwirte bleibt, anstatt sich auf die Gerichte zu verlassen.
Karine E. Peschard, Seed Activism. Patent Politics and Ligitations in the global South, S.102